Zertifikate-Trends: Uneinig beim Ölpreis

monitore+3+haendler+188x80.jpg

25. März 2015. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nicht nur der Rekordlauf des DAX lockt weiter viele Anleger in den Zertifikate-Markt. „Bei uns ist das Thema weiterhin Öl, Öl und Öl“, erklärt Anouch Wilhelms von der Commerzbank.

„Beliebteste Basiswerte sind bei uns DAX, Rohöl und der Euro/US-Dollar-Kurs“, berichtet Atakan Sahin von der ICF Bank. Was den aktuellen Stand des DAX angeht, spricht Sahin von einer „Verschnaufpause auf dem Gipfel“. Die Umsätze seien aber weiter gut. Auch Simon Görich von der Baader Bank meldet ein reges Handelsaufkommen.

Im Februar war die Handelsaktivität am deutschen Zertifikate-Markt gegenüber dem Januar zwar leicht zurückgegangen, wie der Deutsche Derivate-Verband bekannt gab, die Börsenumsätze in Anlagezertifikaten und Hebelprodukten lagen mit einem Plus von 15,7 Prozent aber deutlich über dem Vorjahresniveau.

Auch DAX-Bären unterwegs

sahin+atakin+120x125.jpg
Sahin

Am Mittwochmittag notiert der DAX bei 11.935 Punkten und damit klar unter dem vergangene Woche erreichten historischen Hoch von 12.219 Zählern. Seit Jahresanfang kommt der Index aber immer noch auf ein Plus von 22 Prozent, seit dem Tief im Oktober sind es sogar fast 40 Prozent. „Wir haben momentan zwei Lager in der Anlegerschaft: Die einen trauen dem DAX nichts mehr zu und warten ab, die anderen rechnen mit einem deutlichen Rücksetzer“, bemerkt Sahin. Skeptiker kauften etwa ein zwölffach gehebeltes Short-Faktor-Zertifikat auf den deutschen Aktienindex (WKN VZ8S12).

„Lange Zeit wurde klar auf einen weiter steigenden DAX gesetzt“, bemerkt Christian Glaser von der BNP Paribas. Einige Investoren seien jetzt skeptischer, die Mehrheit gehe allerdings immer noch von steigenden Kursen aus. „Die deutsche Wirtschaft profitiert eben stark vom schwachen Euro, außerdem sind deutsche Aktien für Auslandsanleger billiger geworden.“ Gefragt sei etwa ein Knock-Out-Call auf den DAX (WKN PS23LU), mit dem Anleger überproportional von der Indexentwicklung profitieren können. Berührt oder unterschreitet der DAX allerdings zu irgendeinem Zeitpunkt die Knock-out-Schwelle von derzeit 11.200 Punkten, verfällt das Wertpapier wertlos.

Gerne mit Hebel

wilhelms+anouch+120x125.jpg
Wilhelms

„Der extreme Optimismus ist weg“, urteilt auch Görich. Kurzfristig orientierte Investoren positionierten sich mal in die eine, mal in die andere Richtung. „Von der Tendenz her überwiegt aber noch die Zuversicht.“ Auch Wilhelms zufolge dominiert die Long-Seite, wenn auch nur leicht (WKN CR7GUU). 

Linear gehebelte Zertifikate werden immer beliebter, wie die Umsatzstatistik der Börse Frankfurt für die vergangenen vier Wochen zeigt: Auf den ersten fünf Plätzen stehen mehrfach gehebelte Produkte, konkret zwei-, vier-, sechs- und achtfach gehebelte Faktor-Zertifikate der Deutschen Bank auf den DAX (WKN DE2HEB, DE4LEV, DX6DAX, DX8DAX) sowie ein fünffach gehebeltes Faktor-Zertifikat der Commerzbank auf den DAX-Future (WKN CZ35ER). Erst auf Platz sechs findet sich ein klassischer DAX-Tracker (WKN 709335).

Gewinne absichern

Laut Glaser stehen aber auch Depotabsicherungsgeschäfte hoch im Kurs. „Das ist aufgrund des DAX-Rekordstands ja auch kein Wunder.“ Gekauft werde etwa ein bis zum Dezember laufender Put-Optionsschein mit Strike bei 9.000 Punkten (WKN BP6W8G). „Bei einem Preis von 1,11 Euro je Optionsschein kann damit ein DAX-Portfolio im Wert von 100.000 Euro für rund 900 Euro gegen Verluste über 25 Prozent abgesichert werden.“

Unter den Einzelwerten dominierte in den vergangenen 30 Tagen an der Börse Frankfurt abermals Apple als Basiswert, bei den deutschen Einzeltiteln schaffen es nur BASF und Daimler unter die zehn umsatzstärksten Underlyings. 

Ölpreisentwicklung nicht eindeutig

Ebenfalls viel Aufmerksamkeit zieht unverändert der Ölpreis auf sich.  „Bei uns ist die Richtung klar: brutal long“, erklärt Wilhelms. Auf der Beliebtheitsskala ganz oben stehe ein sechsfach gehebeltes Long-Zertifikat auf Brent Crude (WKN CR5JL9). „Nach Erholungstendenzen im Öl sehen wir momentan wieder Zwischentiefs, die unsere Anleger dafür nutzen, wieder auf einen steigenden Ölpreis zu setzen“, stellt auch Sahin fest, als Beispiel nennt er ein vierfach gehebeltes Faktor-Zertifikat auf Brent Crude (WKN DZF43L). Görich berichtet von einem gemischten Bild mit einem leichten Überhang derer, die von einer Verteuerung ausgehen.

Die Notierung für ein Barrel der Nordseesorte Brent war im Januar im Tief auf 46,41 US-Dollar gefallen, Ende Januar und Anfang Februar gab es dann einen großen Satz nach oben auf zwischenzeitlich 63 US-Dollar. Am heutigen Mittwoch liegt der Preis wieder bei 55,34 US-Dollar.

„Nicht wenige gehen mittlerweile wieder von sinkenden Preisen aus, zumindest kurzfristig“, meint Glaser. „Es herrscht weiter ein Überangebot.“ Mittel- bis langfristig würden aber eher steigende Preise erwartet. Saudi Arabien hatte am Wochenende bekannt gegeben, derzeit fast zehn Millionen Barrel pro Tag zu fördern. Damit nähert sich das Land wieder historischen Höchstwerten.

Bodenbildung beim Euro?

Richtig viel los war auch beim Wechselkurspaar Euro/US-Dollar. Durch die extrem expansive Geldpolitik der EZB und den Start des umfangreichen Anleihekaufprogramms rutschte der Euro Mitte März unter 1,05 US-Dollar, am heutigen Mittwoch kostet die Gemeinschaftswährung wieder 1,0979 US-Dollar. „Der Euro-Anstieg hat Anleger überrascht“, kommentiert Görich. Die Gemeinschafswährung hat gegenüber dem US-Dollar allerdings im Vergleich mit Mai vergangenen Jahres immer noch rund ein Fünftel ihres Werts verloren.

„Nach Erreichen des Jahrestief trauen sich einige Anleger wieder vorsichtig auf die Long-Seite“, beobachtet Sahin. „Das Gros spielt kurzfristig die Erholung des Euro“, stellt Glaser fest. Längerfristige Positionierungen gebe es allerdings kaum: „Die Wechselkursentwicklung ist zu stark durch die Notenbanken bestimmt, da scheuen die Anleger Prognosen.“

von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 25. März 2015