Wochenausblick: Ermüdungserscheinungen

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2. Dezember 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Fünf Tage, vier neue Rekordhochs: Vergangene Woche hat der DAX seine Rallye abermals fortgesetzt – und ist erstmals über 9.400 Punkte aus dem Handel gegangen. Doch nun mehren sich die kritischen Stimmen. Laut Gertrud Traud, Chefvolkswirtin der Helaba, befindet sich die Aktienhausse inzwischen in einem späten Stadium, das zyklische Kurspotenzial sei bereits größtenteils ausgeschöpft. „Spätestens mit dem Ende der Anleihekäufe durch die US-Notenbank dürften Dividendentitel den Kursgipfel überschreiten.“ Selbst wenn der DAX in den kommenden Wochen noch die 10.000 Punkte-Marke erreiche, was möglich sei, werde der Index Ende 2014 wieder unter 9.000 Punkten liegen.

Der Schwung fehlt

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Auch die Charttechnik mahnt: Wie Trauds Kollege Christian Schmidt bemerkt, hangelt sich der DAX zwar sukzessive weiter nach oben. Auffallend dabei seien aber die meist recht kleinen Kerzenkörper, was eindeutig dafür spricht, dass die Dynamik hinter den Bewegungen fehlt.“ Dieser Eindruck werde auch von verschiedenen Indikatoren bestätigt, so dass weiterhin fraglich sei, wie lange die Aufwärtsbewegung noch anhalte. „Zumindest eine Korrektur ist seit langer Zeit überfällig.“ Die nächsten Widerstände fänden sich bei 9.457 und 9.506 Zählern, Unterstützungen auf der Unterseite bei 9.360 und 9.336 Punkten.

Tapering kommt, nur Zeitpunkt ist unklar

Die Landesbank Berlin ist ebenfalls skeptisch und verweist auf die Nebenwirkungen des Anstiegs: „Erfreuliche Entwicklungen – Liquidität – wurden eingepreist und Vorschusslorbeeren – Konjunktur, Schuldenkrise, US-Budget – verteilt.“  Zudem zeige die Markttechnik bereits ein deutlich überkauftes Niveau, daneben habe die Berichtssaison in Europa enttäuscht. Unterstützung gebe es aber etwa von der Einigung im iranischen Atomstreit, aus Italien mit dem Ausschluss Berlusconis aus dem Senat und auch durch die erfolgreichen Verhandlungen über eine große Koalition in Deutschland. Antreibende Kraft bleibe weiterhin die Liquidität, wichtige Themen rückten aber kurzfristig wieder auf die Agenda, vor allem der Start des „Tapering“, also der geldpolitischen Straffung. „Wir sind daher für die nächsten Wochen vorsichtig und gehen nicht von einer Jahresendrallye aus. Ein temporärer Rückfall auf die 9.000er-Marke sollte nicht überraschen.“

Höhere Schwankungen

Dass sich die Geschichte wiederholt und auf die Hausse mit umfangreichen Zuflüssen in Aktienfonds wie im Jahr 2000 ein dramatischer Einbruch folgt, glaubt die Commerzbank unterdessen nicht. „Eine Wiederholung im Börsenjahr 2014 halten wir für unwahrscheinlich, da die US-Geldpolitik, anders als im Jahr 2000, weiterhin sehr expansiv ausgerichtet sein wird“, erklärt Andreas Hürkamp. Daher werde der DAX seinen Aufwärtstrend in den kommenden Quartalen fortsetzen. „Jedoch sollten sich Investoren auf eine höhere Volatilität einstellen, sobald sich eine weniger expansive Geldpolitik der US-Notenbank abzeichnet.“

Am Montagmorgen notiert der DAX bei 9.401 Punktennahezu unverändert. Der japanische Nikkei, der vergangene Woche auf ein Sechsjahreshoch geklettert war, ging am frühen Morgen mit einem kleinen Minus bei 15.655 Punkten aus dem Handel. Der Euro hält sich knapp über 1,36 US-Dollar.

Wichtige Konjunktur- und Unternehmensdaten

Wichtigste Termine in dieser Woche sind Treffen der EZB und der Bank of England, außerdem werden die neuesten US-Arbeitsmarktdaten veröffentlicht.

Montag, 2. Dezember

  • 16.00 Uhr. USA: ISM-Index Verarbeitendes Gewerbe November. Die Stimmung der US-Unternehmen ist laut DekaBank seit mehreren Monaten bedeutend besser als die tatsächliche wirtschaftliche Aktivität. Die vorliegenden regionalen Umfragewerte signalisierten nun allerdings eine leichte Stimmungseintrübung, die Analysten rechnen mit 56 nach 56,4 Punkten im Vormonat. Der Index ist ein wichtiger Frühindikator; ein Wert über 50 Punkte deutet auf eine Expansion im verarbeitenden Gewerbe hin, ein Wert darunter auf einen Rückgang.

Mittwoch, 4. Dezember

  • 16.00 Uhr. USA: ISM-Index Dienstleistungen November. Auch hier wird ein etwas niedriger Indexstand erwartet, und zwar 55,1 Punkte nach 55,4 im Oktober.
  • 16.00 Uhr. USA: Neubauverkäufe Oktober.
  • 20.00 Uhr. USA: Beige Book.
  • Nachbörslich: Sitzung des Arbeitskreises Aktienindizes. Die Gruppe berät quartalsweise über die Neuzusammensetzung von DAX, TecDAX, MDAX und SDAX. Das Ergebnis wird auf der Website der Deutschen Börse nach 22.00 Uhr veröffentlicht, wirksam werden die Änderungen am Montag, den 23. Dezember.

Donnerstag, 5. Dezember

  • 13.00 Uhr. Großbritannien: Zinsentscheid der Bank of England.
  • 13.45 Uhr. EU: EZB Zinsentscheid mit anschließender Pressekonferenz. Laut DekaBank ist diesmal nicht mit weiteren Maßnahmen zu rechnen. Im Mittelpunkt der Pressekonferenz stehe vielmehr der wirtschaftliche Ausblick, der erstmals bis in das Jahr 2015 reiche.

Freitag, 6. Dezember

  • 12.00 Uhr. Deutschland: Auftragseingänge Industrie Oktober. Nach soliden Auftragseingängen im Vormonat stehe nun eine leichte Korrektur an, wie Robert Halver von der Baader Bank meint. Trotzdem bleibe der Aufwärtstrend der vergangenen Monate intakt.
  • 14.30 Uhr. USA: Arbeitslosenzahlen Oktober. Der Arbeitsmarktbericht wird nach Einschätzung der DekaBank eher unauffällig ausfallen: Die Zunahme der Beschäftigten entspreche mit 200.000 Stellen dem Durchschnitt der vergangenen zwölf Monate. Der erwartete Rückgang der Arbeitslosenquote um 0,3 Prozentpunkte auf 7 Prozent sei ebenso wenig überraschend, da der Vormonatswert statistisch nach oben verzerrt gewesen sei.
  • 14.30 Uhr. USA: Persönliche Einkommen/Ausgaben Oktober. Umfragen zufolge wird mit einem Plus von 0,3 Prozent bei den Einkommen und 0,2 Prozent bei den Ausgaben gerechnet nach 0,5 und 0,2 Prozent im Vormonat.
  • 15.55 Uhr. USA: Konsumklima Uni Michigan Dezember. Die Helaba prognostiziert 75 Punkte nach 75,1 im Vormonat. Der Index basiert auf einer telefonischen Befragung von mindestens 500 Konsumenten in den USA und gilt als wichtiger Frühindikator für die künftigen Konsumausgaben.

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Von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG © 2. Dezember 2013