Markttechnik: Kurzfristige Erholung möglich

7. September 2011. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Nach den Verlusten des DAX zu Beginn der Woche kann das deutsche Börsenbarometer am heutigen Mittwoch Boden gut machen. Für Erleichterung an den Kapitalmärkten hat nach Ansicht der Kommentatoren ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts gesorgt, wonach die Hilfen für Griechenland und den EU-Rettungsschirm grundsätzlich gebilligt worden sind. Auch setzte das Gericht keine Obergrenze für die künftige Höhe von Bürgschaften fest.

Dennoch erwarten Analysten weitere Unwägbarkeiten. Innerhalb der Währungsunion fehle etwa der Konsens über die nächsten Schritte bei der Umsetzung des geplanten Euro-Rettungsschirms. Im deutschen Bundestag wird über die Ausweitung des EFSF erst gegen Ende September abgestimmt, Finnland und die Niederlande wollen nur gegen Sicherheiten weiter bürgen und die Slowakei hat verkündet, nicht vor Dezember diesen Jahres über das Paket abzustimmen. Zudem kämen Griechenland und Italien bei den Sparbemühen nicht so recht vom Fleck. Den von der Börse Frankfurt befragten Investoren machen diese Aussichten offenbar weniger zu schaffen. Im Vergleich zur Vorwoche geben sie sich sowohl für den DAX als auch für den TecDAX eindeutig zuversichtlicher.

Hoffnung auf Erholung im DAX


Meier

Jana Meier erkennt für den DAX aus technischer Sicht derzeit Chancen auf eine Gegenbewegung, nachdem zuletzt ein Jahrestief das nächste jagte. „Auch wenn der deutsche Leitindex zuletzt den Boden unter den Füßen verloren hat, näherte er sich dabei einer überaus wichtigen Haltezone“, erklärt die Analystin von HSBC Trinkaus & Burkhardt. Im Bereich der beiden Hochpunkte vom Juni und Januar 2009 bei 5.178 und 5.111 Zählern verlaufe die Nackenlinie einer alten, wenngleich nicht vollkommen lehrbuchgleichen Bodenbildung. Verstärkt werde diese Unterstützung zudem durch das 61,8 Prozent Fibonacci-Retracement des Hausse-Impulses von März 2009 bis Mai 2011 bei 5.121 Zählern. „Kann diese Bastion verteidigt werden, stehen die Zeichen für eine Gegenbewegung nicht schlecht“, glaubt Meier.

Gelingt der Wendepunkt Richtung Erholung, gehe es zunächst darum, das bisherige Jahrestief bei 5.345 Punkten nachhaltig zurückzuerobern, sowie die Abwärtskurslücke von Anfang September bei 5.421 zu 5.493 Punkten zu schließen. „Zu einer echten Aufhellung der Perspektiven kommt es aber erst mit dem nachhaltigen Überschreiten des Hochs vom 31. August bei 5.870 Punkten“, prognostiziert Meier. Scheitere die Verteidigung der Haltezone bei gut 5.100 Punkten hingegen, ziehe sich die Schlinge um den Hals des deutschen Aktienindex weiter zu. „Dann müssen Anleger mit Notierungen im Bereich des Junitiefs 2009 bei rund 4.500 Punkten rechnen“, schließt die Analystin.

Zweijahrestief könnte Halt bieten


Siegert

Hoffnung auf eine wenn auch kurzfristige Stabilisierungsbewegung des DAX in Richtung 5.450 bis 5.518 Punkten macht auch Martin Siegert. „Von einer Bodenbildung kann aber nicht gesprochen werden“, erklärt der technische Analyst der Landesbank Baden Württemberg. Am Dienstag habe der deutsche Leitindex das Minimalziel eines fünfgliedrigen Abwärtskurses aus Sicht der Elliot-Wellenanalyse erreicht. „Beim DAX-Future war dann nach Handelsschluss das Signal einer Tagesumkehr zu erkennen“, erklärt der technische Analyst der Landesbank Baden Württemberg, der in dieser Bewegung die Möglichkeit der Festigung im Index ausmacht. Das Tief sei zudem in einer Divergenz ausgebildet worden.
 
Divergenzen sind Indikatoren, die auf eine Trendwende am Markt deuten. Folgt eine Schließung der Kurslücke um 5.538 Punkte, spricht Siegert von weiterem Kurspotenzial in den kommenden ein bis zwei Wochen bis zum Test der Bereiche bei 5.835 und 5.870 Zählern.

Nach unten biete der DAX-Chart um 5193 und 5208 Punkte gute Unterstützung. Die Eintrittswahrscheinlichkeit des Bruchs dieser Marke beziffert Martin Siegert derzeit zwar mit etwa 30 Prozent als relativ gering. „Wenn es geschieht, deutet das auf eine mögliche Tiefbildung knapp unter der Marke von 5000 Zählern“ schließt der Analyst.

Verkaufssignale machen S&P 500 zu schaffen

In der aktuellen Marktphase lohnt auch ein Blick auf den Chart des S&P 500. Der Sprung über die zyklischen Hochs bei 1.208/31 Punkten habe sich als nicht dauerhaft erwiesen. „Damit ist der Abschluss einer Bodenbildung, die das Ende der jüngsten Talfahrt besiegelt hätte, zunächst gescheitert“, erkennt Jana Meier. Nun drohe sich das ohnehin negative Bild zu verfestigen. Bei Unterschreiten des kurzfristigen Aufwärtstrend seit Anfang August bei aktuell 1.145 Punkten würde eine Bären-Flaggenformation aufgelöst. „Dann steht ein neuerlicher Abwärtsimpuls ins Haus und der Unterstützungsgürtel zwischen dem Junihoch 2010 und dem jüngsten zyklischen Tief bei 1.131 bzw. 1.121 Zählern rückt in den Fokus“, analysiert Meier.

Unterhalb des bisherigen Jahrestiefs bei 1.102 Punkten sei gar ein Wiedersehen mit dem zentralen Haltebereich aus mehreren Tiefs aus den Jahren 2009 und 2010 bei rund 1.040 Punkten möglich. Die technischen Indikatoren böten dem Abwärtsszenario auf Tagesbasis zwar noch keinen markanten Nährboden. „Allerdings dominieren auf Wochenbasis die Verkaufssignale, die auch mittelfristig vor weiteren Rücksetzern mahnen“, erkennt die Analystin. Um die Ausgangslage des S&P 500 wieder aufzuhellen, bedarf es einer erfolgreichen Rückeroberung der Widerstandszone bei gut 1.200 Zählern.

Die Stimmung erhellt sich

Die Optimisten zeigen in dieser Woche Flagge. Sowohl für den Bluechip-Index als auch den TecDAX erwarten sie auf Vierwochensicht eine positive Entwicklung, wie die aktuelle Befragung von 300 professionellen Anleger ergeben hat. Der Bull/Bear-Index für die DAX-Werte ist auf 74,4 von 54 Prozent in der Vorwoche gestiegen. Insgesamt ist die Gruppe der Optimisten um 10 Prozent angewachsen, 4 Prozent haben von den Bären gewechselt, 6 Prozent von den neutral Gestimmten.

Aufgehellt hat sich auch die Stimmung für die Technologiewerte. Beim TecDAX verlieren die Bären 5 Prozent der Befragten an die Bullen und 2 Prozent an die neutral gestimmten Investoren. Insgesamt steigt der Bull/Bear-Index auf 67,9 Prozent gegenüber 59,3 Prozent in der Vorwoche.

Der Bull/Bear-Index misst das absolute Maß an Optimismus im Markt. Dafür werden die Optimisten ins Verhältnis zu den Pessimisten gesetzt und mit den neutral Gestimmten gewichtet. Werte unter 50 Punkte zeigen eine pessimistische Gesamtstimmung der Anleger. Was es bedeutet, können Sie ab 17 Uhr bei boerse-frankfurt.de/sentiment lesen.

© 7. September 2011 / Iris Merker