Marktstimmung: Langfristige Nachfrage gerät ins Stocken

Zusammenfassung der Analyse

Nach Abschied in den Sommerurlaub sieht das heutige Ergebnis der Sentimentumfrage aus. Obwohl sich der DAX kaum verändert – minus 20 Punkte seit vergangenem Mittwoch – trennen sich Anleger sowohl auf der Long- wie auf der Short-Seite von ihren Positionen. 10 Prozent der befragten Institutionellen Anleger haben Aktien verkauft und 1 Prozent die Short-Version glattgestellt. Der Sentiment-Index liegt mit +2 Punkten leicht bullish. Von den Privaten haben sogar 9 Prozent glatt gestellt. Das Sentiment hebt sich auf +7 Punkte.

Joachim Goldberg glaubt, dass die professionellen Anleger nur noch auf die Kursdelle reagieren konnten, während ein großer Teil der Privaten sie vorher gesehen hat. Neben den geopolitischen Unsicherheiten drückten aber auch das abflachende Interesse internationaler Investoren am hiesigen Aktienmarkt auf Stimmung und Kurse.

In der Summe sind sowohl bei den institutionellen als auch bei den privaten Anlegern die Optimisten in der Überhand, allerdings sei der Sentiment-Index weit unter seinem Jahresdurchschnitt, so dass selbst weitere Verluste nicht so viele Anleger in Schieflage geraten sollten. Viel größer sei die Gefahr sinkender Nachfrage ausländischer Investoren.

Börse Frankfurt Sentiment-Index

  • Profis: +2 Punkte (Vorw. +11)
  • Private: +7 Punkte (Vorw. -1 )

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Goldberg

16. Juli 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Man sieht es dem DAX nicht an, dass er seit der vergangenen Stimmungserhebung zwischenzeitlich beinahe zwei Prozent an Wert verloren hatte. Denn im Wochenvergleich ergibt sich für das Börsenbarometer gerade einmal eine marginale Veränderung von -0,2 Prozent. Dennoch ist seither viel geschehen. Zwar hatten viele Investoren und Kommentatoren eine DAX-Korrektur erwartet und angesichts der Krise um die portugiesische Finanzgruppe Espírito Santo womöglich sogar Schlimmeres befürchtet. Aber es sollte nicht allzu lange dauern, bis die Akteure zu der Überzeugung gelangten, dass von der Krise wohl doch keine Ansteckungsgefahr auf andere Märkte ausgehen würde. Obwohl die Lage um die Holdinggesellschaft derzeit nicht gerade als durchsichtig bezeichnet werden kann.

Allerdings haben die von der Börse Frankfurt befragten Anleger völlig verschieden reagiert, was jedoch vornehmlich auf die unterschiedliche Ausgangslage bei institutionellen und privaten Investoren zurückzuführen sein dürfte. Interessanterweise haben die mittelfristig orientierten, institutionellen Anleger unseres Panels, die zuletzt per Saldo noch eine recht bullishe Meinung vertraten, recht schnell und diszipliniert auf die DAX-Schwäche reagiert, weswegen der Börse Frankfurt Sentiment-Index nur noch einen Stand von +2 aufweist.

Möglicherweise sind diese Investoren jedoch gar nicht einmal von den Ereignissen in Portugal getrieben worden, wenn man etwa die jüngste BofA Merrill Lynch-Umfrage unter Fondsmanagern für den Monat Juli betrachtet. Wie wir bereits bei unserer vergangenen Umfrage argwöhnten, hat sich der Kapitalstrom internationaler langfristiger Investoren offenbar tatsächlich abgeschwächt. So sind nur noch netto 10 Prozent der befragten Fondsmanager bereit, europäische Aktien überzugewichten – das bedeutet einen Rückgang gegenüber dem Monat Juni von mehr als 50 Prozent. Noch drastischer fällt diese Zurückhaltung gegenüber Deutschland aus. Nur noch 12 Prozent (nach 31 Prozent im Juni) der regionalen Fondsmanager favorisieren den hiesigen Aktienmarkt.

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Ein großer Teil der von uns befragten Privatanleger hat hingegen die Abwärtskorrektur beim DAX rechtzeitig kommen gesehen. Zwar ergab sich gegenüber der Vorwoche ein Anstieg des Börse Frankfurt Sentiment-Index auf +7, aber dieser Zuwachs geht fast ausschließlich auf zuvor bearish eingestellte Marktteilnehmer zurück, von denen immerhin ein Fünftel vermutlich recht ordentliche Gewinne realisieren konnte. Letztlich hat sich die Zahl der Pessimisten also deutlich reduziert, während neue Optimisten auch in diesem Panel Mangelware bleiben.

Somit stellen sowohl bei den institutionellen als auch bei den privaten Anlegern die Optimisten nunmehr die größte Gruppe dar, wobei die entsprechenden Sentiment-Indizes allerdings unter ihrem Jahresdurchschnitt liegen. Das lässt den Schluss zu, dass sich bedrohliche Schieflagen bei den Teilnehmern unserer Panels selbst bei einem weiteren Kursrückgang des DAX in Grenzen halten dürften. Die größte Gefahr für das Börsenbarometer stellen somit nicht in erster Linie die (geopolitischen) Krisenherde auf der Welt dar; sie geht vielmehr von der zuletzt stockenden internationalen Nachfrage aus, von der das Börsenbarometer im ersten Halbjahr noch profitieren konnte.

von Joachim Goldberg, Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de
© 16. Juli 2014

[1] Der Börse Frankfurt Sentiment-Index bewegt sich zwischen -100 (totaler Pessimismus) und +100 (totaler Optimismus), der Übergang von positiven in negative Werte markiert die neutrale Linie. Die Werte des früheren Cognitrend Bull/Bear-Index sind auf die neue Skalierung umgerechnet worden.


Börse Frankfurt Sentiment-Index

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Blaue Balken: institutionelle Investoren, gelbe Balken: private Anleger, Kurve: DAX


Instituitionelle Anleger

  Bullish Bearish Neutral
Total 37 %
35 %
28 %
ggü. letzter Erhebung -10 %
-1 %
+11 %

 

  • Stand DAX (16. Juli): 9.770 Punkte (-0,20% gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Börse Frankfurt Sentiment-Index Institutionelle Anleger: +2 Punkte (Vorwoche: +11 Punkte)


Private Anleger – Mit freundlicher Unterstützung von Comdirect

  Bullish Bearish Neutral
Total 40 %
33 %
27 %
ggü. letzter Erhebung -1 %
-9 %
+10 %

 

  • Stand Börse Frankfurt Sentiment-Index Private Anleger: +7 (Vorwoche: -1 Punkte)

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