Marktsentiment: Stühlerücken für Jahresendrallye dauert an

Zusammenfassung der Analyse

Steigende Kurse, sinkende Stimmung – das Phänomen der Vorwoche hält an. Während die Aktienpreise scheinbar an die Decke stoßen, befällt Private wie Profis weiter Skepsis. 6 Prozent der privaten und 5 Prozent der professionellen Anleger haben DAX-Aktien verkauft, 5 bzw. 3 Prozent sind short gegangen. Das drückt die Marktstimmung gemessen am Bull/Bear-Index auf gut 56 bzw. 50 Punkte. Der Index selbst ist im betrachteten Zeitraum um noch mal 120 Punkte gestiegen. Für Gianni Hischmüller sind es weiterhin ausländische Investoren, die die Preise nach oben treiben, nicht  die mittelfristig agierenden einheimischen Investoren. Großanleger aus Übersee seien aufgeschreckt von einem schwachen US-Dollar als Folge des Haushaltsstreits und der anhaltenden Geldpolitik. Statt in die USA fließe Geld nach Europa – besonders nach Deutschland und damit natürlich auch in den hiesigen Aktienmarkt.

Ein Blick auf die Punkteprognosen offenbart Gewinnmitnahmen der hiesigen Akteure und bei den Einzelwerten hat sich ThyssenKrupp zur Commerzbank gesellt, was die Erwartungen an die schlechteste Kursentwicklung angeht.

Bull/Bear-Index: 50,6 Punkte

Vorwoche: 55,0 Punkte. Oberhalb 50 Punkte ist der Markt optimistisch, unterhalb pessimistisch.

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Hirschmüller

23. Oktober 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Die riskante Strategie, sich noch vor dem kritischen US-Schuldenlimit-Erhöhungstermin verstärkt im deutschen Aktienmarkt zu engagieren und sich ein paar Blue-Chips mehr ins Depot zu legen als in den Monaten zuvor, hat sich für institutionelle Investoren ausgezahlt. Der DAX-Index belohnte diese seit Anfang September verfolgte Taktik mit neuen Allzeithochs. Allerdings bewiesen die von der Börse Frankfurt befragten Institutionellen dabei keinen langen Atem. Nicht nur, dass der Optimismus der Akteure sich nicht besonders lange über dem Jahresdurchschnitt halten konnte, er ist mittlerweile sogar bereits vollständig verflogen. Nur mit Mühe konnte sich unser Bull/Bear-Index heute oberhalb der 50-Prozent-Schwelle halten.

US-Notenbankpolitik diktiert die Märkte

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Die luftigen Höhen, die gestern erreicht wurden, scheinen den Panel-Teilnehmern kein angenehmes Klima zu bieten. Und das obwohl Aktienoptimisten wieder einmal volle Unterstützung aus den USA erhielten. Nicht allein die temporär gelöste Haushaltskrise war der Bunsenbrenner, mit dem der Markt angeheizt wurde. Auch der gestern mit reichlich Verspätung veröffentlichte und recht schwach ausgefallene US-Arbeitsmarktbericht befeuerte den deutschen Aktienmarkt. Dies allerdings nicht als direkte Reaktion, denn schließlich bedeuten beide Ereignisse an und für sich keine guten Neuigkeiten: Die Haushaltsdebatte in den USA ist nicht gelöst, sondern nur für kurze Zeit aufgeschoben und die Arbeitsmarktsituation deutet keineswegs auf Wachstum hin.

Das Positive aber, das sich die Finanzmärkte aus diesem bescheidenen Datenmaterial ziehen, ist die Tatsache, dass sich die US-Notenbank in absehbarer Zeit nicht ihrer selbst angelegten Fesseln entledigen, sprich die monatliche Dosis ihrer Anleihekäufe nicht reduzieren, geschweige denn absetzen kann. Deutsche Aktien profitieren jedoch offensichtlich von einem weiteren Effekt, der von der zuvor beschriebenen Situation in den USA ausgeht. Der waghalsige Verlauf der jüngsten Etatverhandlungen und das schier grenzenlose Eingreifen der Fed in den Anleihemarkt haben erkennbar negative Auswirkungen auf den US-Dollar. Dies hat ausländische Investoren aufgeschreckt, was in diesem Jahr bereits zu einer spürbaren Veränderung der Kapitalströme geführt hat. Statt in die USA fließt Geld nach Europa – besonders nach Deutschland und damit natürlich auch in den hiesigen Aktienmarkt.

Wir wiesen in diesem Jahr schon einmal deutlich darauf hin, dass sich die Teilnehmer unserer Umfrage stark von diesen Kapitalflüssen haben leiten und beeinflussen lassen. Dies dürfte in den vergangenen drei Wochen wohl nicht anders gewesen sein. Wie wäre es sonst zu erklären, dass, wie gestern geschehen, Minuten vor der Veröffentlichung wichtiger Fundamentaldaten neue Höchstpreise für deutsche Standardwerte bezahlt werden? Wer nicht unbedingt kaufen muss, kauft in so einer Situation nicht. Dies könnte also sogar bedeuten, dass die Befragten bis gestern noch untergewichtet waren, zumindest deutlicher untergewichtet, als dies am aktuellen Bull/Bear-Index zu erkennen ist.

Den jüngst besonders optimistischen Privatanlegern fiel es wohl schwer, dem neuen Allzeit-Hoch zu widerstehen. Sie entschieden sich eindeutig dafür, einen Teil ihrer Gewinne glattzustellen. Dabei fiel der Bull/Bear-Index der Privaten auf 56,3 Punkte zurück.

Die Nachfrage aus dem Ausland dürfte noch immer die treibende Kraft der laufenden Rally darstellen. Solange sie spürbar ist, wird wohl das unruhige Füße scharren für eine Jahresendrallye noch voll im Gange sein.

von Gianni Hirschmüller, cognitrend
© 23. Oktober 2013

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

  Bullish Bearish Neutral
Total 38 % 37 % 25 %
ggü. letzter Erhebung -5 % +3 % +2 %

 

Institutionelle Anleger: Stimmungs- und DAX-Verlauf
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  • Stand DAX (23. Oktober): 8.920 Punkte (+1,37 % gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Bull/Bear-Index: 50,6 Punkte

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

Mit Unterstützung von
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  Bullish Bearish Neutral
Total 49 % 37 % 14 %
ggü. letzter Erhebung -6 % +5 % +1 %

 

Private Anleger: Stimmungs- und DAX-Verlauf
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  • Stand DAX (23. Oktober): 8.920 Punkte (+1,37 % gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Bull/Bear-Index: 56,3 Punkte

Weiterführende Links

Optimismus runter, Kursziele hoch

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Hirschmüller

Die Aktienmärkte haben ein klares Signal gegeben: Sie orientieren sich weiter an den Geschehnissen in den Vereinigten Staaten, insbesondere an der Marschrichtung der US-Notenbank. Solange diese den Geldhahn weit geöffnet lässt, bleibt ein Aktienengagement für Investoren die erste Wahl. Und da die jüngsten Signale aus den USA eindeutig dafür sprechen, dass die Fed frühestens im März nächsten Jahres an der Stellschraube ihres Anleihekaufprogramms drehen wird, fließt auch weiterhin munter Geld in die Aktienmärkte.

Allerdings profitieren die von der Börse Frankfurt befragten institutionellen Anleger nur im begrenzten Maße von dieser Entwicklung. Bis vor kurzem standen sie steigenden Kursen zwar noch mehrheitlich offen gegenüber. Vergangene Woche aber schlichen sich dann bereits erste Gewinnmitnahmen ein. Eine Tendenz, die sich seit vergangenem Mittwoch noch verstärkt hat.

Durch eine Abwanderung in Höhe von 5 Punkten liegen die Bullen nun nur noch einen Punkt vor den Bären, die drei Punkte hinzugewinnen konnten. Interessant ist, dass trotz dieser Entwicklung die Kursziele der befragten Marktteilnehmer nicht nach unten revidiert wurden. Im Gegenteil, die Optimisten erhöhten im Mittel sogar ihre Preisprognose, die nun bei 9.065 DAX-Punkten liegt.

Bereitschaft zum schnellen Wiedereinstieg

Auch die Bären pumpen den Hubwagen, auf dem sich ihre mittleren Preisprognosen stapeln, weiter nach oben – diesmal im Mittel um 100, auf nunmehr 8.600 DAX-Punkte. Aus ihrer Bereitschaft zum schnellen Wiedereinstieg machen sie ebenfalls keinen Hehl. Bereits bei 8.745 DAX-Zählern ist mit ihrer Nachfrage zu rechnen. Allerdings scheinen selbst die radikalsten Vertreter ihrer Zunft durch den permanenten Anstieg der Aktienkurse handzahm geworden zu sein. Die tiefste Zielmarke liegt gerade einmal etwas mehr als 5,5 Prozent vom heutigen Erhebungsniveau entfernt. Dies entspricht lediglich einer durchschnittlichen DAX-Korrekturbewegung. Und nur auf das – und damit nicht auf eine Baisse – scheinen sich diese Akteure derzeit einzurichten.

Das neutrale Lager ist immer noch damit beschäftigt, sein Prognoseband weiter nach oben zu verlegen. Der Mittelwert dieser Gruppe liegt erneut nahe am heutigen Erhebungskurs, bei nunmehr 8.900 DAX-Punkten. Allerdings hat sich durch die deutliche Erhöhung der oberen Grenze die Breite des Prognosebandes auf 120 Punkte ausgeweitet.

   Median höchster Wert* tiefster Wert* Streuung
Bullen 9.065 / +65 9.295 8.925 185 / +80
Bären 8.600 / +100 8.745 8.415 165 / -5
Neutrale 8.900 / +100 8.945 8.825 60 / +20

* = eine Standardabweichung vom Mittelwert aller Kursprognosen.

DAX-Gewinner und -Verlierer: Sympathie für Deutsche Post war Eintagsfliege

Einzelwertanalyse

Untersucht werden die Aktien, die für Bullen und Bären derzeit die größten Favoriten darstellen, also die mit der besten erwarteten Entwicklung und die mit der schlechtesten.

Die Deutsche Post hat es nicht geschafft, sich vom Rückschlag der vergangenen Woche zu erholen. Bei der Belegung der Spitzenposition vor 14 Tagen scheint es sich um eine Eintagsfliege gehandelt zu haben. Das Papier findet sich auch heute wieder unter den Letztplatzierten der Top-DAX-Titel wieder.

Dafür konnte die Aktie der Deutschen Telekom ihren Spitzenplatz verteidigen. Sie verlor jedoch einen Prozentpunkt und liegt nun mit 7 Prozent Stimmenanteil gemeinsam mit der K+S (+1 Prozent) auf Rang eins. Fast unmerklich hat sich in der Zwischenzeit ein anderes Paar an das Führungsduo herangepirscht: Lufthansa und SAP belegen mit 5 Prozent gemeinsam den zweiten Platz. Daimler und ThyssenKrupp folgen auf Rang drei mit jeweils 4 Prozent der Stimmen.

Bei den DAX-Flops hat sich der Pessimismus gegenüber der Commerzbank etwas reduziert. Gegenüber der Vorwoche verringerte sich der Stimmenanteil um 2 Prozent auf 11 Prozent. Auch diesmal führt die Commerzbank nicht allein die Flop-Liste an. Nur ist es anders als noch vor einer Woche nicht K+S, mit der das Papier gleichauf liegt, sondern diesmal ThyssenKrupp (11 Prozent), die zur Commerzbank aufgeschlossen haben. K+S liegt mit 8 Prozent (-5 Prozent) nun auf Platz drei.

Wie schon in der vorangegangenen Erhebung ist auch die Deutsche Telekom auf der Flop-Liste vertreten, allerdings sind nicht mehr 5, sondern nur noch 4 Prozent der Pessimisten sind von fallenden Kursen bei der Telekom überzeugt.

von Gianni Hirschmüller, cognitrend
© 23. Oktober 2013

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