Marktsentiment: DAX-Anstieg ging den meisten wieder zu schnell

Zusammenfassung der Analyse

Zunehmend skeptisch betrachten Anleger den Aktienmarkt. Der heutigen Umfrage zufolge haben nochmal 4 Prozent der Profis ihre Long-Positionen an DAX-Aktien verkauft, 6 Prozent sind short gegangen. Damit hat sich der Bull/Bear-Index als Maß für den absoluten Optimismus im Markt der schlechten Stimmung der privaten Anleger unterhalb der 50-Punkte-Marke angenähert. Der Indikator steht bei 48,3 Punkten. Noch skeptischer sind die privaten Anleger mit einem Bull/Bear-Stand von 45,3 Punkten. Aber immerhin 5 Prozent der Befragten halten das Ende der Abwärtsbewegung für erreicht und sind aus dem Bärenlager an die Seitenlinie gewechselt. Der Aktienmarkt hat im betrachteten Zeitraum gemessen am DAX 110 Punkte verloren.

Gianni Hirschmüller vermutet, dass dieses Mißtrauen schlicht preisgetrieben ist. Den Akteuren sei die jüngste Aufwärtsbewegung schlicht zu schnell gegangen. Das könnte sich gefährlich erweisen, denn die Voraussetzungen für einen Durchmarsch nach oben seien gegeben.

Bei den Einzelwerten hat sich K+S zu der Commerzbank gesellt, und zwar sowohl auf der Lister der erwarteten Gewinner als auch der Verlierer.

Bull/Bear-Index: 48,3 Punkte

Vorwoche: 53,9 Punkte. Oberhalb 50 Punkte ist der Markt optimistisch, unterhalb pessimistisch.

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Hirschmüller

31. Juli 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Bislang können sich die Aktienmarktakteure eigentlich nicht beklagen: Das berüchtigte „Sommerloch“ ist dieses Jahr ausgeblieben. Zudem hat der Juli das Zeug, zu einem der besten Börsenmonate des Jahres zu avancieren – bislang brachte nur der Mai größere Kursgewinne. Für den freundlichen Kursverlauf können sich die Investoren einmal mehr bei der US-Notenbank bedanken. Die Fed könnte auch heute in den letzten Handelsstunden des laufenden Monats die Märkte wieder stärker beeinflussen. Denn in den USA tagt der Offenmarktausschuss und obgleich die Mehrheit der Finanzmarktteilnehmer von einer unveränderten Marschroute der Fed ausgeht, werden sie sehr genau hinhören, ob Notenbank-Chef Ben Bernanke in seiner Stellungnahme neue Hinweise geben wird.

Trotzdem lassen sich die institutionellen Investoren nicht zu positiven Aussagen zum deutschen Aktienmarkt hinreißen. Ganz im Gegenteil, ihr Ausblick ist schon wieder pessimistisch. Unser Bull/Bear-Index fällt zum ersten Mal seit Anfang Juni wieder unter die 50-Prozent-Schwelle auf 48,3 Punkte.

Die zurückhaltende Stimmung der vergangenen beiden Wochen hatte es schon nahegelegt: Die Mehrheit der von der Börse Frankfurt regelmäßig befragten Institutionellen kann mit steigenden Kursen derzeit wenig anfangen. Möglicherweise hatten einige von ihnen schon am Abend des vergangenen Mittwochs die Gelegenheit genutzt, sich von Beständen jenseits der 8.400 Punkte-Marke zu trennen. Immerhin waren das die höchsten DAX-Kurse seit Ende Mai.

Die Privatanleger waren hingegen etwas ungeduldiger. Sie hatten sich bereits bei der vergangenen Erhebung mehrheitlich als Verkäufer geoutet. Inzwischen haben ein paar Short-Spieler aber schon wieder Kasse gemacht. Dies hat den Bull/Bear-Index der Privaten ein wenig auf 45,3 Punkte steigen lassen. Pessimismus ist aber nach wie vor reichlich vorhanden.

Zeit für Korrektur ist reif

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Die 200 Punkte breite Handelsspanne, die im DAX seit der vergangenen Sentiment-Erhebung gehandelt wurde, ist weder außergewöhnlich groß noch besonders volatil gewesen. Natürlich gab es, insbesondere am gestrigen Dienstag, ein paar erratische Bewegungen bei Einzelaktien, beispielsweise bei K+S oder Infineon. Auch ist die laufende Handelswoche vollgestopft mit Berichtssaison-Terminen und sogenannten „Event-Risks“, wie dem heutigen Bericht der US-Notenbank und der US-Arbeitsmarktdaten am Freitag. Ein etwas zurückhaltendes Auftreten der Anlegern wäre also nicht ungewöhnlich. Doch wir glauben nicht, dass dies die Gründe für die jüngsten Verkaufsaktivitäten im deutschen Aktienmarkt gewesen sind. Stattdessen machen wir einmal mehr die preisliche Entwicklung für den Stimmungsumschwung verantwortlich.

Seit dem Boden, den der DAX Ende Juni geformt hat, konnte er bis Mitte vergangener Woche 10 Prozent zulegen. Den meisten Teilnehmern unseres Panels ging diese Bewegung, ähnlich wie die April/Mai-Rally, zu schnell. Ihrer Meinung nach ist die Zeit reif für eine Korrektur. Sie sollten aber am besten wissen, wie wichtig Timing bei solchen Spekulationen gegen den Trend ist. Denn die Frühjahrs-Rallye trieb ihnen mehr Schweiß auf die Stirn, als die aktuelle Sommerhitze. Noch viel heißer könnte es für sie werden, wenn der DAX erst einmal auf ein neues Allzeithoch klettert. Die Voraussetzungen dafür sind jedenfalls gegeben.

© 31. Juli 2013/Gianni Hirschmüller, cognitrend

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

  Bullish Bearish Neutral
Total 34 % 37 % 29 %
ggü. letzter Erhebung -4 % +6 % -2 %

 

Institutionelle Anleger: Stimmungs- und DAX-Verlauf
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  • Stand DAX (31. Juli): 8.250 Punkte (-1,09 % gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Bull/Bear-Index: 48,3 Punkte

Verhältnis Optimisten zu Pessimisten

Mit Unterstützung von
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  Bullish Bearish Neutral
Total 33 % 42 % 25 %
ggü. letzter Erhebung +0 % -5 % +5 %

 

Private Anleger: Stimmungs- und DAX-Verlauf
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  • Stand DAX (31. Juni): 8.250 Punkte (-1,09 % gegenüber der letzten Erhebung)
  • Stand Bull/Bear-Index: 45,3 Punkte

Weiterführende Links

Ereignis-Risiken ohne große Konsequenzen

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Goldberg

Viele Börsianer sprechen von den für diese Woche anstehenden so genannten Event-Risks (Ereignis-Risiken). Angefangen von der ersten Schätzung für das US-Wachstum im zweiten Quartal, gefolgt von der am heutigen Mittwoch endenden Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank, über die Sitzungen von EZB und Bank of England am Donnerstag bis hin zur Publizierung des US-Arbeitsmarktbericht zum Wochenende. Dabei scheint es als ausgemacht, dass von den Notenbanken für die Aktienmärkte wohl keine Störfeuer zu erwarten sind. Und so sind größere Überraschungen eher an der ökonomischen Datenfront möglich, obgleich eine Häufung derartiger Veröffentlichungen wichtiger Wirtschaftsdaten in der Vergangenheit nicht selten ohne großen Effekt auf das Kursgefüge geblieben ist. Ganz einfach, weil sich viele Akteure angesichts der zahlreichen Informationen samt Interpretationsbedarf häufig überfordert sehen.

Und so wundert es auch nicht, wenn die Vorhersagen der von der Börse Frankfurt befragten Investoren gegenüber dem vergangenen Mittwoch nur wenig verändert sind. Das gilt für Bullen und für Bären gleichermaßen. Der Median der Optimisten verharrt bei 8.500 DAX-Zählern, was wohl darauf zurückzuführen ist, dass bei dieser Gruppe weitere Abgänge zu verzeichnen waren. Immerhin wurden einige Mindestvorstellungen in Sachen Kursgewinnen bereits kurz nach der vergangenen Erhebung erreicht. Dies hat wie von uns erwartet zu Gewinnmitnahmen geführt – die Übriggebliebenen hoffen auf mehr und haben sich durch den späteren leichten Rückgang des DAX auch nicht irritieren lassen. Allerdings würden bei einem abermaligen Anziehen des Index erste Gewinnmitnahmen (bei leicht gestiegener Prognoseunsicherheit) bereits bei 8.350 Zählern einsetzen.

Auch die Pessimisten glauben nicht an das große Glück

Dass auch die Gewinnvorstellungen der Bären nicht ambitionierter ausgefallen sind, dürfte vermutlich den vergleichsweise hohen Einstandspreisen der neu hinzugekommenen Pessimisten zu verdanken sein. Immerhin liegt das mittlere Kursziel leicht unter der berüchtigten 8.000er Linie bei gleichzeitig leicht gestiegener Zuversicht in dieser Gruppe, dass die bearishen Ziele tatsächlich auch erreicht werden.

Lediglich bei den Neutralen hat sich das Prognoseband im Rahmen des einprozentigen Rückgangs des DAX gleichermaßen nach unten bewegt, wobei die erste Standardabweichung trotz der eingangs erwähnten Ereignis-Risiken immer noch ausgesprochen niedrig erscheint.

   Median höchster Wert* tiefster Wert* Streuung
Bullen 8.500 / +/-0 8.640 8.350 145 / +25
Bären 7.975 / -25 8.130 7.720 205 / -20
Neutrale 8.250 / -75 8.305 8.205 50 / +5

* = eine Standardabweichung vom Mittelwert aller Kursprognosen.

DAX-Gewinner und -Verlierer: K+S machen Commerzbank Konkurrenz

Einzelwertanalyse

Untersucht werden die Aktien, die für Bullen und Bären derzeit die größten Favoriten darstellen, also die mit der besten erwarteten Entwicklung und die mit der schlechtesten.

Wer hätte wohl vor einer Woche gedacht, dass Aktien von K+S die Investorengemeinde nicht nur genauso stark wie die der Commerzbank interessieren, sondern auch noch ähnlich polarisieren würde. Denn die Aktien von K+S waren gestern massiv eingebrochen und auf ein Sechsjahrestief gefallen. Die Ursachen hierfür sind hinlänglich bekannt, aber musste es gleich ein Tagesverlust von 24 Prozent sein? Ein recht hoher Anteil der von der Börse Frankfurt befragten Investoren hält diesen Kurseinbruch offenbar für zu stark, weswegen K+S mit stolzen 16 Prozent der Stimmen die Einkaufsliste anführen. Dagegen nehmen sich die Commerzbank-Fans mit 10 Prozent geradezu gering aus, obwohl exakt derselbe Prozentsatz in der Vorwoche noch zur Tabellenführung bei den Überfliegern gereicht hatte. Für Platz drei entschieden sich immerhin 6 Prozent der Panel-Teilnehmer – auserkoren wurden für diese Position Siemens, wobei anzumerken ist, dass gleichzeitig 3 Prozent der Investoren den Wechsel im Vorstand nicht als Kaufsignal interpretieren.

Auf der Liste der Flops führen zwar immer noch die Papiere der Commerzbank, allerdings mit weiter schrumpfendem Vorsprung. Dies ist zum einen darauf zurückzuführen, dass sich nur 16 Prozent der institutionellen Anleger – in der Vorwoche war es noch ein Fünftel – gegen diesen Wert entschieden. Und zum anderen, weil K+S mit 10 Prozent der Stimmen auf dem zweiten Rang vertreten ist, was einer relativ hohen Quote entspricht. Mit der Hälfte der Stimmen belegten ThyssenKrupp zuletzt noch den zweiten Platz, sind aber durch die jüngste Entwicklung mit immer noch fünf Prozent der Voten auf den dritten Platz der Verkaufsliste abgerutscht. Kurz dahinter liegen übrigens Deutsche Bank, die trotz des enttäuschenden Quartalsergebnisses die Investoren nicht wirklich erschreckt haben.

© 31. Juli 2013/Joachim Goldberg, cognitrend

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