ETFs: Wetterumschwung

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7. Juli 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Fast 200 Punkte hat der DAX in den vergangenen Tagen verloren: Am Donnerstag ging das deutsche Börsenbarometer noch mit 10.029 Punkten aus dem Handel, am heutigen Montag notiert der Index nur noch bei 9.859 Zählern. Da bekommt auch so mancher ETF-Anleger kalte Füße. Seit Freitag ist Kasse machen angesagt. Davor überwogen aber noch ganz klar die Käufe.

„Zum Monatsanfang waren Investoren noch relativ bullish“, erklärt Marco Salaorno von der Société Générale. „Durch die Bank wurde alles gekauft, sowohl Industrieländer- als auch Schwellenländer-ETFs.“ Auch Sascha Cronemeyer von der Commerzbank sieht das ähnlich: „Vergangene Woche hatten wir anfangs noch einen Käufermarkt, dann kam es aber zu immer mehr Abgaben.“ Laut Jörg Sengfelder von Flow Traders ist es außerdem etwas ruhiger geworden. „Das Sommerloch naht, die Ersten sind in Urlaub.“ Im Vergleich zu den Vorjahren sei das Handelsaufkommen aber immer noch sehr hoch.

„Wir haben im ersten Halbjahr 2014 im Vergleich zu 2013 ein Umsatzplus von 32 Prozent zu verzeichnen“, erklärt Cronemeyer. Dass ETFs immer beliebter werden, zeigen im Übrigen auch die jüngsten Zahlen des Beratungsunternehmens ETF GI: Im ersten Halbjahr seien den Indexfonds 32,1 Milliarden US-Dollar netto zugeflossen, heißt es, nach 20 Milliarden in der ersten Jahreshälfte 2013. Damit verwalteten ETF-Anbieter in Europa nun 470 Milliarden US-Dollar – so viel wie noch nie.

Lieber Gewinne mitnehmen

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Cronemeyer

Erst Käufe, dann Verkäufe – das gilt vor allem für Aktien-ETFs. Bei der Commerzbank griffen Anleger besonders nach Euro Stoxx 50- (WKN 593395, 935927) und MSCI USA-Indexfonds (WKN ETF120), weniger nach DAX-Tracker (WKN 593393, ETF001, ETFL01). „Auffällig ist, dass der MSCI Canada (WKN A1C2Y8, DBX0ET) viel gehandelt wurde, und zwar in beide Richtungen.“

Laut Société Générale war der MSCI Europe (WKN A0JDGC) besonders gefragt, aber auch Aktien aus der europäischen Peripherie, etwa mit dem Lyxor FTSE Athex 20 (WKN LYX0BF), der den griechischen Markt abbildet, und mit an die italienische (WKN A0YEDP) oder spanische Börse gekoppelten Produkten (WKN A0REJT). „Bis gestern“, ergänzt der Händler.

Zuletzt kam es nämlich vermehrt zu Abgaben, Flow Traders zufolge etwa in Stoxx Europe 600- (WKN 263530, DBX1A7) und MSCI Europa-Trackern (WKN A0JDGC), aber auch in DAX- und MDAX (WKN 593392)-ETFs. Japanische Aktien (WKN A0YEDV) fänden sich ebenfalls auf den Verkaufslisten.

Emerging Markets wieder wichtiger

Daneben stehen Schwellenländer-ETFs, lange geschmäht, in der Gunst der Anleger wieder weiter oben. „Emerging Markets sind wieder Thema“, meint Sengfelder. Gesetzt werde auf marktbreite Tracker, aber auch Produkte mit Schwerpunkten wie den db x-trackers MSCI Pacific ex Japan (WKN DBX1AF) oder den db x-trackers CSI 300 (WKN DBX0M2). Laut Société Générale landen der breit aufgestellte Lyxor MSCI Emerging Markets (WKN LYX0BX) und der iShares MSCI Emerging Markets (WKN A0HGZT) in den Portfolios.

Bankaktien: Einstieg zu günstigen Kursen

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Sengfelder

Favoriten unter den Branchen-ETFs sind derzeit ganz klar Banken-Tracker (WKN 628930, A0F5UJ). Auf der Umsatzliste der Börse Frankfurt für die vergangene Woche belegt der iShares Euro Stoxx Banks (WKN 628930) sogar den dritten Platz – eine ungewöhnlich hohe Platzierung für einen Branchen-ETF. „Die stechen diese Woche definitiv heraus“, bemerkt Sengfelder. Hier wird durchweg gekauft. „Bei uns machen die Zuflüsse 71 Prozent aus“, konkretisiert Cronemeyer. Die Branche ist seit einigen Wochen wieder unter Druck, offenbar sehen viele Anleger die niedrigeren Kurse als günstige Einstiegsgelegenheit.

Gewinnmitnahmen bei Öl-und Gas-Trackern

Sehr viel los ist außerdem im Handel mit Energie- beziehungsweise Öl-/Gas-ETFs (WKN LYX0GK, A0H08M). Die Branche war zuletzt gut gelaufen, Hintergrund sind die Krisen in der Ukraine und im Irak sowie der zwischenzeitlich stark gestiegene Ölpreis. „Das sind wohl Gewinnmitnahmen“, meint Salaorno. Der iShares Stoxx Europe 600 Oil & Gas kann für die vergangenen drei Monate mit einem Plus von 10 Prozent aufwarten.

Daneben positionierten sich Investoren der Commerzbank zufolge auch in ETFs, die die Gesundheitsbranche abbilden, Flow Traders meldet noch Zuflüsse in Versorger-ETFs und Abflüsse aus Versicherungs- und Finanzdienstleister-ETFs. 

Salaorno zufolge setzten viele Anleger aber auch auf Rohstoff-ETFs. „Das haben wir so schon lange nicht mehr gesehen.“ Gekauft worden seien etwa der iShares Diversified Commodity Swap (WKN A0H072) und der Lyxor Commodities Thomson Reuters/Jefferies CRB Total Return (WKN A0JC8F).

Renten-ETF: hin und her

Im Bereich der Renten-ETFs ist das Bild gemischt: Weiterhin nachgefragt ist alles, was ein bisschen mehr an Rendite verspricht, Sengfelder zufolge etwa Schwellenländer- (WKN A1W6DJ, A1JB4Q) und höherverzinsliche Unternehmensanleihen (WKN A1C8QT) sowie Pfandbriefe (WKN A1W6DJ).

Doch auch europäische Staatsanleihen überzeugten weiter, zum Beispiel mit dem db x-trackers II iBoxx Sovereigns Eurozone (WKN DBX0AC). Cronemeyer meldet eine rege Nachfrage nach kurzlaufenden US-Treasuries wie dem UBS Barclays Capital US 1-3 Year Treasury Bond (WKN A1JRC9), im Gegenzug seien kurzlaufende Bundesanleihen abgestoßen worden. „Länger laufende wurden hingegen gekauft.“

von Anna-Maria Borse, Deutsche Börse AG
© 7. Juli 2014