Auslandsaktien: Auf die Plätze, fertig, Twitter

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7. November 2013. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Es so weit: Nach Facebook (WKN A1JWVX), LinkedIn (WKN A1H82D) und Yelp (WKN WKN A1JQ9H) kommt mit dem Kursnachrichtendienst Twitter (WKN A1W6XZ) am heutigen Donnerstag das nächste soziale Netzwerk an die Börse. „Die Sache ist natürlich in aller Munde, schließlich kann das Papier schon heute Nachmittag, direkt nach dem Börsengang an der New York Stock Exchange, auch in Frankfurt gehandelt werden“, meldet Roland Stadler von der Baader Bank und schätzt die Stimmung im Vorfeld des IPOs als durchaus positiv ein. „Das ist schon was anderes, als wenn irgendein europäisches Unternehmen aufs Parkett geht. Twitter kennt ja auch jeder, das allein sorgt schon mal für großes Interesse. Allerdings haben so ziemlich alle auch noch das verpatzte Facebook-IPO im Hinterkopf, die Erwartungen gehen daher etwas auseinander“, merkt der Spezialist an.

Hohe Nachfrage

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Stadler

Der Ausgabepreis liegt bei 26 Dollar je Aktie und damit über der erst an diesem Montag angehobenen Spanne von 23 bis 25 Dollar. Ursprünglich hatte Twitter 17 bis 20 Dollar avisiert. „Das deutet auf eine starke Nachfrage von Investorenseite hin“, meint Stadler. Allerdings bleibe erst abzuwarten, ob sich die Aktie wirklich durchsetze. Das Facebook-IPO im Mai 2012 habe gezeigt, dass die Kurse auch schnell fallen könnten. Die Aktie brauchte mehr als ein Jahr um das Niveau des Ausgabepreises zurückzuerobern. „Bei Facebook haben sich die Investmentbanken damals überboten, weil es das einzige heiße IPO in dieser Zeit war und jeder irgendwie dabei sein wollte. Das hat wohl auch zu der anfänglichen Überbewertung beigetragen. Allerdings ist auch die Bewertung der Twitter-Aktie nicht gerade kleinlich. Schließlich schreibt das seit sieben Jahren bestehende Unternehmen immer noch Verluste“, merkt Stadler an.

Zum aktuellen Ausgabepreis liegt der Börsenwert von Twitter bei über 14 Milliarden Dollar. Das Unternehmen hofft, dass Werbeanzeigen in Zukunft deutlich mehr einbringen und damit die Kosten decken. „Viele Investoren scheinen zuversichtlich, dass dies gelingen wird – immerhin sind die meisten offenbar bereit, zu 26 Dollar einzusteigen“, kommentiert Stadler. Facebook ist dank sprudelnder Werbeeinnahmen längst profitabel, die Aktie des Sozialnetzwerks notiert mittlerweile knapp 30 Prozent über dem Ausgabepreis.

Warnung vor Überhitzung

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Vrbsky

Kräftige Kursgewinne verzeichnen auch andere indische Papiere, wie Jan Vrbsky von der Baader Bank berichtet: etwa ADRs des indischen Autobauers Tata Motors (WKN A0DJ9M), die mit einem Plus von 29 Prozent seit Juni punkten können, und GDRs – ebenfalls Hinterlegungsscheine – von Reliance Industries (WKN 884241) mit einem Plus von 24 Prozent seit August. „Der indische Markt war im Sommer besonders betroffen, jetzt befindet sich der Leitindex Sensex aber schon wieder auf einem Dreijahreshoch“, bemerkt Vrbsky. „Es sieht es nach einer Überhitzung aus, das Kurs-Gewinn-Verhältnis liegt mittlerweile bei 17. Außerdem müssen die US-Zinsen ja früher oder später doch steigen.“

Twitter zu teuer?

Zumindest hat Twitter einen etwas günstigeren Zeitpunkt für den Börsengang gewählt als Facebook: Während die Märkte 2012 noch vor einem Auseinanderbrechen der Eurozone und einer Pleite Griechenlands zitterten, fliegen die Börsen derzeit von einem Rekord zum nächsten. Erst gestern markierte der Dow Jones Index ein neues Allzeithoch und notiert damit 20 Prozent über dem Niveau von vor einem Jahr. Und Aktien sozialer Medien übertreffen diesen Erfolg sogar noch: der Facebook-Kurs ist in den vergangenen zwölf Monaten um 125 Prozent gestiegen, der Kurs des Karrierenetzwerks LinkedIn hat sich um 104 Prozent verbessert und der Kurs der Empfehlungsseite Yelp sogar um 240 Prozent.

Hohe Kursphantasie

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Vorhauser

Aus Sicht von Walter Vorhauser, Spezialist von Close Brothers Seydler, ist die Kursphantasie bei Twitter ziemlich groß. „Das zeigt sich nicht zuletzt in den jüngsten Kursabschlägen bei Aktien der anderen sozialen Netzwerke. Offenbar steigen einige Investoren bei Facebook, Yelp und Co. aus, um mit Twitter etwas rauszuholen, nachdem die anderen ja zuletzt sehr gut gelaufen sind“, erklärt der Händler. Zur Wochenmitte verloren die Papiere von Facebook 2 Prozent, LinkedIn sanken um 1,7 Prozent und Yelp büßten sogar 6,4 Prozent ein.

Yelp im Steigflug

Allerdings ist der jüngste Abschlag insbesondere bei Yelp winzig im Vergleich zu den vorangegangenen Gewinnen. „Die Plattform zur Online-Bewertung lokaler Geschäfte und Dienstleistungen durch Konsumenten kam kurz vor Facebook im März 2012 zu rund 15 Euro an die Börse, mittlerweile kostet die Aktie fast 50 Euro“, weiß Vorhauser. Dabei profitiert der Titel von den wachsenden Ertragsaussichten des Unternehmens. „Als Shopping- und Restaurantführer ist Yelp natürlich die ideale Werbefläche für viele Unternehmen. Die Umsätze der Plattform sind zuletzt deutlich gestiegen, die Gewinnzone hat Yelp im Gegensatz zu Facebook aber noch nicht erreicht“, ergänzt der Händler.  

Facebook-Konkurrenz aus China?

Aber nicht nur in den USA, auch in Asien lässt sich mit Aktien sozialer Medien gut Geld verdienen. „Das beste Beispiel ist wohl die chinesische Tencent (WKN A0YAJU), deren Aktienkurs sich seit 2004 verhundertfacht hat“, berichtet Vorhauser. Das breit aufgestellte Unternehmen bietet neben Messaging-Diensten, elektronischen Handelsplattformen und Online-Spielen die App „Weixin“ an – eine Art chinesisches Facebook, allerdings mit mehr Funktionen. „Die Funktionen des Smartphone- und Tabletprogramms decken die ganze Bandbreite zwischenmenschlicher Beziehungen ab: von der Kontaktaufnahme und -pflege über Einzel- und Gruppengespräche mit Freunden bis hin zu einem Nachrichtenstream“, weiß Vorhauser. In China wächst die Nutzerzahl rapide und auch die bereits in vielen Sprachen verfügbare Version „WeChat“ stößt auf reges Interesse. „Die Nachrichten-App ist offenbar sehr erfolgversprechend und könnte sich zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz zu Facebook entwickeln“, erwartet der Spezialist. 

von Karoline Kopp, Deutsche Börse AG

© 7. November 2013