Anleihen: Renditeabstände in Europa werden enger

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3. Januar 2014. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Weihnachten ist gefeiert, der Sprung ins neue Jahr geschafft. An den Märkten herrscht in dieser Woche aber noch immer Urlaubsmodus: „Kurz vor dem Jahresschluss war es noch mal ziemlich lebhaft, jetzt ist das Geschäft aber ruhig“, fasst Gregor Daniel von der Walter Ludwig Wertpapierhandelsgesellschaft das Geschehen am Markt zusammen.

Rainer Petz von Close Brothers Seydler bestätigt: „Eigentlich wartet nach den Feiertagen alles darauf, dass es in der kommenden Woche wieder richtig los geht.“ Allerdings dürfte der Rentenmarkt in diesem Jahr angesichts der wieder anziehenden Konjunktur und der nach wie vor stark laufenden Aktienmärkte weiterhin zweite Wahl für viele Investoren bleiben, erwartet Arthur Brunner von der ICF AG.

Euro-Peripherie wieder gefragt

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Brunner

Einige Tendenzen zeichnen sich in ruhigen Markt aber dennoch ab, merken die Händler an. „Gewinner sind aktuell klar Anleihen aus der Euro-Peripherie. In den vergangenen drei Tagen haben sich die Renditeabstände vor allem von spanischen und portugiesischen Papieren zu Bundesanleihen deutlich verringert“, meldet Brunner. Hintergrund sei ein Stimmungswandel unter Investoren: „Die Angst um die Eurokrise tritt zunehmend in den Hintergrund und es wird mittlerweile davon ausgegangen, dass es die EZB schon richten wird. Anleger nutzen die im Vergleich zu Bundesanleihen hohen Renditen in den südeuropäischen Ländern daher “, weiß Brunner.

Portugiesische Anleihen würden zudem von der Hoffnung beflügelt, dass sich das Land ab Sommer diesen Jahres wieder selbstständig am Markt finanzieren könne und keine weiteren Hilfsgelder beantragen werde. Nach 6 Prozent kurz vor dem Jahreswechsel rentieren portugiesische Benchmarkanleihen mittlerweile nur noch bei 5,67 Prozent; die Zinsen für zehnjährige spanische Schuldtitel sind zuletzt von rund 4,2 auf 3,9 Prozent gesunken.

Bundesanleihen steuern wieder 2 Prozent an

Die Renditen der hiesigen Staatsanleihen scheinen seit der letzten Sitzung der US-Notenbank und deren Ankündigung, ihre Anleihekäufe ab Januar reduzieren zu wollen, indes wieder im Aufwärtstrend. So werfen zehnjährige Bundesanleihen seit den Weihnachtsfeiertagen wieder 1,94 Prozent ab. Anfang Dezember waren es noch rund 1,80 Prozent.

„Zum Jahresbeginn 2014 starteten Bundesanleihen am Morgen mit Kursverlusten, konnten aber im frühen Nachmittagshandel teils Boden gut machen und zogen auch im weiteren Handelsverlauf aufgrund eines schwächeren ISM-Index aus den USA weiter an“, fasst Arne Hellwig von der Hellwig Wertpapierbank den Jahresauftakt zusammen. Der Euro-Bund-Future als Indikator für langfristige Zinserwartungen notiert am Freitagmittag bei 139,18 Punkten und damit in etwa auf dem Niveau von vor einer Woche.

Türkischer Schmiergeldskandal kurbelt Umsatz mit Fremdwährungsanleihen an

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Daniel

Die jüngste Korruptionsaffäre in der Türkei sorgt laut Daniel für Umsatz bei den entsprechenden Fremdwährungsanleihen. „Nachdem die türkische Lira zuletzt unter Beschuss geraten ist, überwiegt bei auf dieser Währung lautenden Papieren klar die Kaufseite. Allerdings ziehen auch immer wieder einige Leute die Reißleine – es ist ist ein reges rein und raus“, berichtet der Händler.

Schon seit über zwei Wochen wird die Türkei von einem Skandal um Schmiergeld erschüttert, der sich mittlerweile zu einer Regierungskrise ausgewachsen hat, die auch Ministerpräsident Erdogan das Amt kosten könnte. Am Donnerstag stieg der US-Dollar zur türkischen Lira auf einen Rekordstand von 2,1827 Lira. Im frühen Handel hatte die US-Währung noch rund 2,1441 Lira gekostet. Der Euro stieg auf 2,9970 Lira, nachdem er zunächst noch 2,9518 Lira gekostet hatte.

Chrysler-Übernahme beflügelt Fiat-Papiere

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Petz

Im Segment der Unternehmensanleihen ist es zum Jahresauftakt indes sehr ruhig. „Es gab noch keine Neuemissionen und auch sonst ist die Nachrichtenlage sehr dünn“, kommentiert Petz.

Brunner beobachtet allerdings erhöhtes Kaufinteresse bei Schuldscheinen von Fiat (u.a. WKN A1GTHS). Der italienische Autobauer hatte zum Jahresauftakt verkündet, seine US-Tochter Chrysler vollständig zu übernehmen. Für den restlichen Anteil von 41,5 Prozent zahle der Turiner Konzern insgesamt 3,65 Milliarden Dollar an den gewerkschaftsnahen Pensionsfonds Veba, teilte Fiat mit. „Das sind zumindest auf den ersten Blick recht günstige Konditionen, zumal Daimler damals gut das zahnfache für Chrysler bezahlt hatte. Viele Investoren erwarten nun steigende Gewinne durch die Komplettübernahme der US-Tochter, die ja mittlerweile wieder schwarze Zahlen schreibt“, merkt Brunner an.

MS Deutschland taucht ab

Kurzfristig zum U-Boot mutiert ist, wie Daniel berichtet, die Anleihe des Kreuzfahrtschiffbetreibers MS Deutschland Beteiligungsgesellschaft (WKN A1RE7V). „Von knapp 60 ist der Kurs kurz vor Weihnachten auf zeitweise 42 Prozent eingebrochen. Mittlerweile hat er sich wieder gefangen“, meldet der Spezialist.

Auslöser war, dass die  Ratingagentur Scope überraschend ihre Bewertungen sowohl für das Schiff als auch für den Betreiber MS Deutschland Beteiligungsgesellschaft GmbH zurückgezogen hatte. Als Grund nannte Scope, dass ein ausreichender Informationsstand nicht länger sichergestellt werden könne. Das dürfte bei einigen Anlegern den Eindruck hervorgerufen haben, das Traumschiff befinde sich in einer schweren Schieflage. Der in die Jahre gekommene Luxusdampfer kämpft mit einer zu geringen Passagierzahl und konnte die Zinszahlungen für 2013 am 18. Dezember nur dank einer Kapitalspritze des Unternehmenseigentümers, dem Münchner Finanzinvestor Aurelius, begleichen. Vor einem Jahr rentierte die Anleihe noch bei über 95 Prozent, aktuell sind es knapp 60 Prozent.

von Karoline Kopp, Deutsche Börse AG
© 3. Januar 2014